Blick und Bild

Wahrnehmungsexperimente etwa mit Katzen zeigen, dass die Wahrnehmungsfähigkeit „programmiert“ werden kann und auch wird. Wachsen Katzen in Umgebungen auf, wo es nur Rundungen und keine Kanten gibt, so können sie später Kanten nicht erkennen. Neben universellen und intersubjektiv identischen Wahrnehmungsprozessen gibt es kulturspezifische, wonach man dann die Welt „sieht“ und somit gleichzeitig interpretiert. Das kulturspezifische Bild ist der Normalfall und insoweit symbolisch, als es gedeutet oder eben programmiert wird, bevor es überhaupt subjektiv wahrgenommen werden kann. Das immerhin meinte, was das Bild generell betrifft, Ernst Cassirer. Das Bild ist von allem Anfang an symbolisch und kulturell vorbestimmt. Ähnliches behaupten, was die Medialität der Wahrnehmung und der Medien und die Interaktion zwischen Wahrnehmung und Medien generell betrifft, Marshall McLuhan und Vilém Flusser (im Kontrast etwa zu Kants Ansatz einer universal gültigen Klassifikation des Wahrnehmungsphänomens und Urteils).
In diesem Sinne kann es tatsächlich nicht nur eine Geschichte und eine Kulturtheorie des Bildes, sondern auch solche des Blicks geben. Und es gibt sie auch. Der identische Blick mit dem Resultat des identischen Bildes ist der apparative-technisch-funktionale. Bildapparate und nur sie können unter identischen Bedingungen identische Bilder aufnehmen bzw. prozessieren. Menschen nicht.
  • Mc Luhan, M. (1970) Die magischen Kanäle. Frankfurt a.M.: Fischer.
  • Flusser, V. (1988) Krise der Linearität. Bern: Benteli.
  • Belting, H. (2009) Florenz und Bagdad. Eine Geschichte des westöstlichen Blicks. München: Beck.