Das Bild als Fenster zur Welt

Bildspiele hin oder her, das Bild ist doch einfach ein Fenster zur Welt. Darauf kann man sehen, was man sonst (direkt) nicht sieht. Als Medium vermittelt, mediatisiert es Sachverhalte. Die Metapher und das Modell des Fensterbildes geht auf Leonardo zurück, der darauf hinwies, man brauch nur den Konturen der Gegenstände auf einem Glas nachzufahren, um ein realitätsgetreues Bild zu bekommen. In der camera obscura bildet es sich, wie von Geisterhand gezeichnet, selber ab. Dort gelten die Gesetze der Zentralperspektive, welche einesteils den Bildraum bestimmen und anderseits den Raum selber als Projektionsmethode vermessbar gemacht haben.
Die Bilderfindung, die wir Perspektive nennen, war eine Revolution in der Geschichte des Sehens. Sie verwandelte die Welt erstmals in einen Blick auf die Welt. Der Begriff des analogen Bildes, das wir in der digitalten Ära bereits nostalgisch betrachten, wurde erst für die Fotografie geprägt. Doch schon die frühe Perspektive wurde als Analogie mit unserem Sehbild verstanden, auch wen darin eine kühne Behauptung lag. Als sie den Betrachter zum Schiedsrichter machte, wurde die Welt zum Bild, wie es einmal Heidegger formulieren sollte. Das perspektivische Bild, wie später alle technischen Bilder der Moderne, suggerieren uns, dass wir mit eigenen Augen sehen, was wir doch nur in Bildern sehen können. ... Dabei propagierte sie jedoch ein Bildmodell, das nicht universal gilt, sondern sich nur kulturspezifisch erklären lässt. Der ikonische Blick, den die Perspektive erzeugt, ist nicht der Blick von Ikonen, sondern ein zum Bild gewordener Blick. (Belting, 2009, S. 9)
Der westliche Blick und das in den westlichen Kulturen gleichsam imprägnierte Bildverständnis geht davon aus, dass Subjekte von ihrem Blickwinkel aus versuchen, sie ein möglichst objektives (oder nützliches) Bild der Welt zu machen und dass Wissenschaft und Technik sie darin unterstützen. Und die Bildung setzt auf diese Weise ins Bild.
  • Belting, H. (2003) Zu einer Ikonologie der Kulturen. In:
  • Boehm, G. & Bredekamp, H. (2009) (Hrsg.) Ikonologie der Gegenwart. München: Fink.