Bildkompetenz 10: Modalität

Wer nicht merkt, ob das auf der piktoralen, referentiellen, exemplifikationalen, funktionalen und pragmatischen Ebene Mitgeteilte als real oder fiktional verstanden werden soll, dem fehlt die modale Kompetenz, ein Bild als Bild wahrzunehmen. Er verwechselt die Abbildungen in Fachbüchern mit solchen in Märchenbüchern und kann das Portrait eines Zeitgenossen (z.B. Bundeskanzler Schröder) nicht angemessen unterscheiden von dem eines mythischen Helden (z.B. Odysseus) oder eines Gottes (Wotan, Zeus) bzw. Heiligen (Nikolaus) oder einer erfundenen Figur (Donald Duck, Lara Croft). Posener (2003)
„Sagt“ ein Bild tatsächlich mehr als tausend Worte? Indem Bilder ihren Sachverhalt „strukturidentisch“ und simultan abbilden, zeigt sich ihre spezifische Medialität. Bilder sind nicht diskursiv in dem Sinne, als sich Bildinhalt und Bilddarstellung nicht trennscharf in Bedeutung (Inhalt) und Bedeutendes (Form) auftrennen lassen. Nach dieser Auffassung) ist auch keine formale Bildlogik möglich. Was Bilder darstellen und bedeuten, wird deswegen vorwiegend sprachlich hinzugefügt. Die sprachliche Kennzeichnung von Bildern transponiert sie in den sinnvollen und logischen Gebrauch.
Die Darstellung von Obamas Schatten an der Wand kann bildlich-medial untersucht werden: Entspricht der Schatten visuell dem Profil Obamans (Suche nach bzw. mittels Key-Visuals). Das Resultat ist eine Struktur-Identität (Der Schatten kann eindeutig der Klasse der Obama-Profile zugeordnet werden). Dass aber tatsächlich Obama abgebldet ist (und nicht etwa ein Double) behauptet die sprachliche Kennzeichnung: O bamas Schatten. Der Schatten bezeichnet Obama, wenn die sprachliche Kennzeichnung tatsächlich zutrifft. Und sonst nicht (Satz des verbotenen Widerspruchs und ausgeschlossenen Dritten).
Didaktisch:
Bildbeispiel: Das Schnabeltier (siehe Eco (2000))
  • Eco U. (2000) Kant und das Schnabeltier. München, Wien: Hanser